(Deutsch) « Der Preis hat uns einen Schub gegeben »
Wemsical Serbia war der Gewinner des ersten European Youth Culture Awards 2017 in der Kategorie Kultur und Medien. Die NGO steht für das, was auch der Preis verkörpert: Grenzübergreifende Jugendkulturarbeit, die Talente und Ideen nicht auf die wirtschaftlich stärkere Seite Europas zieht, sondern dort belässt, wo sie gewachsen sind. Seitdem hat die Projektarbeit der NGO deutlich an Boden gewonnen. Fast 50 Unterstützer-Logos zeigt die Webseite des Malomfesztivál, das von 16. bis 18. August 2018 zum fünften Mal stattfindet und Publikum aus Serbien und Ungarn anzieht. Es bietet Konzerte, Kunst, Kreativworkshops, einen Basar, Streetfood und zählt zu den größten Open-Air-Festivals junger Subkultur auf dem Balkan.
Eine Jugend auf dem Land ist idyllischer als in der Stadt und – langweiliger. So hat es László Vigi empfunden. Aufgewachsen ist er in einer Kleinstadt, exakt in der Mitte zwischen der Hauptstadt seines Landes und der Hauptstadt des Nachbarlandes. Mitten im Nichts.
« Es war wenig geboten, keine Freizeitmöglichkeiten, keine Begenungsräume, und das Engagement dafür fehlte auch. Von den lokalen Politikern fühlte sich keiner berufen, das zu ändern. »
Folglich zog sich die junge Generation erst zurück und ging dann weg. Lászlós Beispiel ist aus Serbien, in einer vergleichbaren Situation aber finden sich Jugendliche europaweit. Mit der Attraktivität der Metropolen können mittlere und kleine Städte nicht konkurrieren – oder doch?
László Vigi ist zurück in Kanjiza, so heißt seine Heimatstadt im äußersten Norden Serbiens, auf halbem Weg zwischen Belgrad und der ungarischen Hauptstadt Budapest. Nach dem Studium und mit dem Abschluss als Landschaftsarchitekt in der Tasche, entschied er sich bewusst gegen die Metropole und für die Provinz, um die Impulse zu setzen, die ihm als Jugendlichen gefehlt hatten. « Ein Projekt ist nicht besser, weil es sich in der Großstadt abspielt », sagt er kämpferisch. Die Möglichkeiten seien im urbanen Umfeld zwar vielfältiger, aber die Konkurrenz sei es auch. « Wenn ich mich Zuhause fühle, bin ich glaubwürdiger », erklärt er, was ihn antreibt. 2014 gründete László Vigi in Kanjiza die NGO Wemsical Serbia mit dem Ziel, Jugendkultur im ländlichen Raum zu entwicklen. Wemsical Serbia sind Vernetzer. Sie verstehen sich als Lobbyisten der Generation 18- bis 30-Jähriger gegenüber Politikern. Noch basiert ihre Öffentlichkeitsarbeit auf sozialen Netzwerken, weil das die Kommunikationswege ihrer Zielgruppe sind. Sobald das Netz trägt, hofft das kleine Freiwilligenteam um Gründer Vigi, kann Wemsical Serbia eine Geschäftsstelle etablieren und Kontinuität bieten.
Ihr Leuchtturm, das Malomfesztivál im 1000-Seelen-Dorf Orom, benannt nach dessen Wahrzeichen, einer alten Windmühle, verwandelt sich im Sommer in ein Camp mit mehreren Tausend Teilnehmenden aus Serbien und dem keine 30 Autominuten entfernten Ungarn. Tendenz: steigend. Wo abends Bands auf der Bühne rocken, unterhalten tagsüber Puppenspieler Familien mit Kindern.
« Der Preis hat uns einen Schub gegeben », sagt László über den European Youth Culture Award. Die Skulptur ziert das Profilbild des Facebook-Auftritts von Wemsical Serbia. Dass der Award 2017 in ein Land ging, das nicht unbedingt jeder als Teil Europas auf dem Schirm habe, erklärt sich der Gründer damit, « dass bislang wenig Transfer stattfindet ». Sein Beispiel, das eines Rückkehrers, ist eine Ausnahme. Wenn die junge Generation nicht von den großen Städten angezogen wird, dann vom westlichen Europa. « Das darf keine Einbahnstraße sein », sieht es László Vigi. Wemsical Serbia arbeitet dagegen an. Auf der Webseite des Malomfesztiváls steht deshalb: « Indem ihr über unsere Ziele sprecht oder mithelft, sie umzusetzen, seid ihr Teil des Netzwerks. Danke. »
Von Tanja Kasischke, Fotos: Wemsical Serbia /privat, Olad Aden (1)